Gedanken der Vergangenheit
Aus meinem alten Tagebuch...
Januar 1998 (ich war 15): "Habe eigentlich nichts vor für 1998. Außer abnehmen vielleicht".
Oktober 1998 (mittlerweile 16): "Wiege fette 53 kg. Habe jetzt schon ein paar mal Abführmittel genommen. Ich will abnehmen!!!"
Januar 1999: "53 kg. Fresse zuviel Schokolade"
März 1999: "Ich hab die ganze Woche 51 kg gewogen. Früh Kakao, in der Schule Saft und ein Apfel, mittags nur Knäckebrot und einen Jogurt (fettarm), abends auch wenig. Jetzt muss ich durchhalten - will mindestens auf 48 kg kommen!"
Mai 1999: "Was ist denn an mir so schlimm? Warum lachen sie mich aus, und sagen dass ich häßlich bin? Für sie ist es Spaß, aber ich kann es nicht vergessen..."
Oktober 1999: " War mit Sophie abends weg, und mir ging es total schlecht. [...] Hab ihr dann alles erzählt, auch mit den Abführmitteln - naja, sie fand es total normal. Hätte ihr vielleicht nix sagen sollen." (Kommentar: ich habe keine Ahnung wer eigentlich Sophie ist/ war!).
Januar 2000: "Fressen tu ich immer noch, 55 kg und ständig neues Fett"
März 2000: "Hab mir gestern Entwässerungstabletten gekauft, vielleicht werde ich so mal etwas Gewicht los"
Juni 2000: "51 kg!!! Hoffe ich halte das durch, und hab nicht ständig diese Sch*** FAs! C., F. und H. wollten heute nach dem Ballet Pizza essen gehen - ich habe Schulzeug vorgeschoben und Ballett ausfallen gelassen." Dazu zig ausgedruckte EMails von einer Freundin, die mir helfen will aus der ES zu kommen...
Sommer 2000: Täglich seitenlange Berichte über meinen fetten Körper und mein Essverhalten...
Herbst 2000: Kein Wort übers Essen! Die Freundin hatte es tatsächlich geschafft mir die ES "auszureden".
März 2001: Kein Tagebuch mehr geführt. Da muss ich um die 62 kg gewogen haben.
Mai 2001: Tägliche Kalorienberichte. "Unter 55 kg - bin ganz zufrieden!" - 2 Wochen später "Endlich unter 53 kg" - und noch etwas später "Hab jetzt fast die 50 kg geknackt". Habe in 2 Monaten über 10 kg abgenommen, täglich Überdosen allermöglicher Tabletten geschluckt, meine Familie um den Verstand gebracht weil ich nicht essen wollte. Als ich endlich unter 50 kg war habe ich meinen Freund kennengelernt....
Juli 2001: "Seit einem Monat keine Tabletten mehr geschluckt! Dafür wieg ich wieder 57 kg..."
März 2003: "Keiner kann diesen kaputten Menschen lieben, der in mir drin ist. Ich lüge, hungere, fresse, klaue, jammere.... Früher hatte ich Hobbies, ich habe gelebt, und es hat mir Spaß gemacht. Jetzt ist von meinem Äußeren nichts mehr da, ich bin fett und habe nichts, wo ich Leistungen bringen kann. Und übrig bleibt - Nichts?!" (ich hatte gerade mein Studium abgebrochen...)
Tja, traurig. Vorallem im Zusammenhang mit dem ganzen Resttext, in dem es um Noten, Freunde, Pferde und den ganzen anderen Teeniekram geht. Wie kommt man mit 16 auf die absurde Idee Abführmittel zum Abnehmen zu kaufen? Vorallem wenn man keine heutige 16jährige ist, sondern noch total kindlich und "weltfremd"... Und wie kann man 8 Jahre lang essgestört sein, ohne wenigstens einmal wirklich dünn zu sein?!
@Kommentatoren: Ja, ich stelle mir die falsche Frage! Verdammt nochmal, ich weiß dass ich vieles falsch mache. Ich weiß dass es schon lange Zeit ist etwas zu tun. Und es ist vollkommen richtig dass ich meinen Arsch nicht hochbekomme. Aber ich kann es einfach nicht. Ich habe in den letzten Jahren selten mal ordentliche Ziele verfolgt - klar, ich will und wollte immer super sein, in der Schule, in der Uni, aber ich habe nicht das Gefühl das es mir etwas gebracht hat. Ich kann vieles machen, was andere nicht können - aber ich WEIß NICHT was ich machen soll. Ich habe so gut wie keine guten Freunde, hatte nie welche. Habe kaum Hobbies die mich ausfüllen. Ich will aus meinem Leben das Beste machen, und trotzdem funktioniere ich einfach nur. Ich hasse das Gefühl ans Essen zu denken, ich will mich nicht fett fühlen wenn ich bissel was esse. Ich weiß ja sogar dass ich nie dick war. Aber ich will auch über meine ES etwas erreichen, ich will auch da super sein. Ich habe es als Kind gehasst dass ich gehänselt wurde, weil ich immer blass war, nie zu einer Clique gehört habe, viel gelesen habe und in der Schule ein Streber war.
Ich will der Welt zeigen dass ich jemand bin. Und weil ich sonst nichts kann tue ich das eben in dem ich super Noten schreibe und dünn bin. Dass das absoluter Nonsense ist weiß ich... aber ohne ES habe ich noch weniger Ziele, dann fühle ich mich noch wertloser. Und noch was: ich habe meine gesamte Jugend mit dieser ES verbracht. Die Vorstellung ohne zu leben ist faszinierend - aber schwer. Was mache ich dann den ganzen Tag? (blöde Frage, rhetorische Frage...)
Ich glaube ich habe nie gelernt wie es ist zu Leben. Ich mache viele Dinge die mir Spaß machen - aber ich mache sie wegen anderen. Ich mache Sport wenn mich jemand fragt ob ich mitmache. Ich gehe auf Parties wenn andere auf Parties gehen. Aber ich weiß nicht was ICH machen will.
Ich fühle mich ungeliebt und jammere rum dass ich keine Freunde habe. Die die ich habe, will ich nicht sehen. Wenn sich jemand um mich kümmert, mich liebt, dann blocke ich ab. Wo ist der Programmierfehler in mir? Wenn ich mein eigener Fehler bin, mir selbst im Weg stehe - warum habe ich damit angefangen? Und wann?
Anonymer Poster, danke trotzallem für deine Texte. Bitte hör nicht auf damit. Gerade weil ich mir im Moment soviele Gedanken mache - du gibst mir immer wieder Tritte in die "richtige" Richtung! Darf ich mal fragen wie du hier her gefunden hast? Und warum du irgendwie immer wieder vorbeischaust?
Januar 1998 (ich war 15): "Habe eigentlich nichts vor für 1998. Außer abnehmen vielleicht".
Oktober 1998 (mittlerweile 16): "Wiege fette 53 kg. Habe jetzt schon ein paar mal Abführmittel genommen. Ich will abnehmen!!!"
Januar 1999: "53 kg. Fresse zuviel Schokolade"
März 1999: "Ich hab die ganze Woche 51 kg gewogen. Früh Kakao, in der Schule Saft und ein Apfel, mittags nur Knäckebrot und einen Jogurt (fettarm), abends auch wenig. Jetzt muss ich durchhalten - will mindestens auf 48 kg kommen!"
Mai 1999: "Was ist denn an mir so schlimm? Warum lachen sie mich aus, und sagen dass ich häßlich bin? Für sie ist es Spaß, aber ich kann es nicht vergessen..."
Oktober 1999: " War mit Sophie abends weg, und mir ging es total schlecht. [...] Hab ihr dann alles erzählt, auch mit den Abführmitteln - naja, sie fand es total normal. Hätte ihr vielleicht nix sagen sollen." (Kommentar: ich habe keine Ahnung wer eigentlich Sophie ist/ war!).
Januar 2000: "Fressen tu ich immer noch, 55 kg und ständig neues Fett"
März 2000: "Hab mir gestern Entwässerungstabletten gekauft, vielleicht werde ich so mal etwas Gewicht los"
Juni 2000: "51 kg!!! Hoffe ich halte das durch, und hab nicht ständig diese Sch*** FAs! C., F. und H. wollten heute nach dem Ballet Pizza essen gehen - ich habe Schulzeug vorgeschoben und Ballett ausfallen gelassen." Dazu zig ausgedruckte EMails von einer Freundin, die mir helfen will aus der ES zu kommen...
Sommer 2000: Täglich seitenlange Berichte über meinen fetten Körper und mein Essverhalten...
Herbst 2000: Kein Wort übers Essen! Die Freundin hatte es tatsächlich geschafft mir die ES "auszureden".
März 2001: Kein Tagebuch mehr geführt. Da muss ich um die 62 kg gewogen haben.
Mai 2001: Tägliche Kalorienberichte. "Unter 55 kg - bin ganz zufrieden!" - 2 Wochen später "Endlich unter 53 kg" - und noch etwas später "Hab jetzt fast die 50 kg geknackt". Habe in 2 Monaten über 10 kg abgenommen, täglich Überdosen allermöglicher Tabletten geschluckt, meine Familie um den Verstand gebracht weil ich nicht essen wollte. Als ich endlich unter 50 kg war habe ich meinen Freund kennengelernt....
Juli 2001: "Seit einem Monat keine Tabletten mehr geschluckt! Dafür wieg ich wieder 57 kg..."
März 2003: "Keiner kann diesen kaputten Menschen lieben, der in mir drin ist. Ich lüge, hungere, fresse, klaue, jammere.... Früher hatte ich Hobbies, ich habe gelebt, und es hat mir Spaß gemacht. Jetzt ist von meinem Äußeren nichts mehr da, ich bin fett und habe nichts, wo ich Leistungen bringen kann. Und übrig bleibt - Nichts?!" (ich hatte gerade mein Studium abgebrochen...)
Tja, traurig. Vorallem im Zusammenhang mit dem ganzen Resttext, in dem es um Noten, Freunde, Pferde und den ganzen anderen Teeniekram geht. Wie kommt man mit 16 auf die absurde Idee Abführmittel zum Abnehmen zu kaufen? Vorallem wenn man keine heutige 16jährige ist, sondern noch total kindlich und "weltfremd"... Und wie kann man 8 Jahre lang essgestört sein, ohne wenigstens einmal wirklich dünn zu sein?!
@Kommentatoren: Ja, ich stelle mir die falsche Frage! Verdammt nochmal, ich weiß dass ich vieles falsch mache. Ich weiß dass es schon lange Zeit ist etwas zu tun. Und es ist vollkommen richtig dass ich meinen Arsch nicht hochbekomme. Aber ich kann es einfach nicht. Ich habe in den letzten Jahren selten mal ordentliche Ziele verfolgt - klar, ich will und wollte immer super sein, in der Schule, in der Uni, aber ich habe nicht das Gefühl das es mir etwas gebracht hat. Ich kann vieles machen, was andere nicht können - aber ich WEIß NICHT was ich machen soll. Ich habe so gut wie keine guten Freunde, hatte nie welche. Habe kaum Hobbies die mich ausfüllen. Ich will aus meinem Leben das Beste machen, und trotzdem funktioniere ich einfach nur. Ich hasse das Gefühl ans Essen zu denken, ich will mich nicht fett fühlen wenn ich bissel was esse. Ich weiß ja sogar dass ich nie dick war. Aber ich will auch über meine ES etwas erreichen, ich will auch da super sein. Ich habe es als Kind gehasst dass ich gehänselt wurde, weil ich immer blass war, nie zu einer Clique gehört habe, viel gelesen habe und in der Schule ein Streber war.
Ich will der Welt zeigen dass ich jemand bin. Und weil ich sonst nichts kann tue ich das eben in dem ich super Noten schreibe und dünn bin. Dass das absoluter Nonsense ist weiß ich... aber ohne ES habe ich noch weniger Ziele, dann fühle ich mich noch wertloser. Und noch was: ich habe meine gesamte Jugend mit dieser ES verbracht. Die Vorstellung ohne zu leben ist faszinierend - aber schwer. Was mache ich dann den ganzen Tag? (blöde Frage, rhetorische Frage...)
Ich glaube ich habe nie gelernt wie es ist zu Leben. Ich mache viele Dinge die mir Spaß machen - aber ich mache sie wegen anderen. Ich mache Sport wenn mich jemand fragt ob ich mitmache. Ich gehe auf Parties wenn andere auf Parties gehen. Aber ich weiß nicht was ICH machen will.
Ich fühle mich ungeliebt und jammere rum dass ich keine Freunde habe. Die die ich habe, will ich nicht sehen. Wenn sich jemand um mich kümmert, mich liebt, dann blocke ich ab. Wo ist der Programmierfehler in mir? Wenn ich mein eigener Fehler bin, mir selbst im Weg stehe - warum habe ich damit angefangen? Und wann?
Anonymer Poster, danke trotzallem für deine Texte. Bitte hör nicht auf damit. Gerade weil ich mir im Moment soviele Gedanken mache - du gibst mir immer wieder Tritte in die "richtige" Richtung! Darf ich mal fragen wie du hier her gefunden hast? Und warum du irgendwie immer wieder vorbeischaust?
6 Comments:
Du ließt das alles und stellst dir immer noch die falsche Frage... weil du nicht auf die Richtige Frage eingehen willst, weil du schlicht und ergreifend immer noch nicht deinen Arsch hoch bekommen willst und IMMER noch glaubst, irgendwer würde das alles für dich wieder ausschaufeln. Du solltest dir die Frage stellen: Wie kann ein Mensch sein halbes Leben weg werfen UND sich immer noch einreden es würde irgendwas besser werden, wenn er das gleiche Ziel verfolgt wie auch schon vorher!
Du bist dünn, glaub mir. Auch wenn man es selber nicht sieht.
Wurdest du gehänselt, weil da steht das sie dich hässlich nannten?
Gab es Sophie überhaubt?
LG Sienna
Man muß nicht Anorexia nervosa haben um eßgestört zu sein. Es ist nicht die einzige ES..
Hart......ich hasse es wenn leute einen fertig machen, musste dies zum Glück nie erleben(am eigenen leib)....war aber auch immer Käsig, bzw bin es immer noch. Deswegen wurdest du gehänselt? Ist ja echt daneben!
Ja Tino werde ich vergessen...hab ihn auch gesagt er soll mich in Ruhe lassen und mir nicht weh tun und dann Krampfhaft wieder versuchen ein gespräch an zu fangen. ich bin ein Mensch der neigt zu vergessen, bin nicht nach tragend......das kann manchmal,wie in diesem fall, aber auch nicht gut sein.
lg sienna
Das was du schreibst, ist sowohl mir bewusst, als auch dir, es geht nicht darum, dass du viel falsch machst, denn das tun wir alle immer und immer wieder, deshalb sind wir Menschen. Es geht darum, was kannst du besser machen? Ich persönlich halte es nicht einmal für ein orndliches Ziel gut in der Schule und vor allen da zu stehen, denn auch das ist wieder etwas, was man oberflächlich für andere tut, dein Ziel sollte sein, endlich einmal etwas für DICH und niemanden sonst zutun, ein Ziel sollte sein zu leben und etwas zu finden und zu suchen. Vergangenheit ist schwierig, aber in dem du immer in der Vergangenheit lebst, kannst du nicht gleichzeitig im hier und Jetzt leben. Zeig nicht der Welt, dass du Jemand bist, sondern dir selbst, in dem du etwas tust, dort raus kommst, etwas unternimmst, dich nicht damit abfindest, denn wenn es so weiter geht, wird da kein "Jemand" mehr sein. Es macht Angst mit einer ES zu leben und ist schwierig und es macht Angst ohne Sie zu leben und auch das ist schwierig, aber die Ängste die du hast, was du tun wirst ect. genau DIE sollst du ja damit bekämpfen, damit du dann Hobbys hast und mal Freunde einlädst und einfach lebst und dir bewusst wirst, dass dort noch jemand ist und nicht nur eine ES. Du lernst dann, was DU machen willst und nicht Andere. Aber das schafft man nicht allein, man muss allein da durch gehen ja, aber den richtigen Weg überhaupt zu finden schaffen wir nicht mehr, weil wir zu erschöpft sind und Angst haben.
Ich schaue wohl immer wieder vorbei, weil ich weiß wie "es" ist und Menschen gerne klar machen möchte, das es auch anders geht, weil man selbst es immer vergisst. Es ist nicht immer leicht zu sagen, man hätte eine Wahl, wenn man nicht einmal weiß ob man eine hat, deshalb sage ich es dir gerne immer wieder, dass du eine hast.
Abgesehen von der Tatsache, dass ich nie so weit mit dem Gewicht runtergegangen bin, könnten Deine Gedanken von mir stammen. Wer liebt mich? Was will ich? Wieso habe ich mein Leben verschlafen?
Ich glaube immer weniger, dass die ES das Problem ist. Irgendwo tief in uns sitzt ein ängstliches Kind und versteht nicht, wieso es alleine raus in die Welt muss. Vielleicht müssen wir ihm nur endlich mal zeigen, wie toll die Welt sein kann.
Ich wünsche Dir viel Kraft!!!
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