Sonntag, Oktober 09, 2005

Ana I

Wenn man abnimmt ist die Welt irgendwie in Ordnung. Man hat Regeln. Man WILL abnehmen. Man ist glücklich über jede Bewegung der Waage nach unten. Hat man viel abgenommen, darf man sich auch einmal belohnen, mit Essen. Ansonsten isst man sowenig wie möglich. Die Welt besteht aus Kalorienangaben, aus der Waage die Belohnung und Angst zugleich ist, aus der Frage ob ein Toast zum Frühstück ok ist oder nicht.

Gleichzeitig wird das Leben unnormal. Alle essen. Man selbst will auch essen, will sich eine Pizza bestellen wie alle anderen. Aber man darf nicht. Die Waage wird einen hart bestrafen. Außerdem wollte man ja schließlich besser sein als die anderen, dünner, sich selbst beherrschend.

Wenn man abnimmt rückt die normale Welt ein Stückchen weg. Man verbringt zuviel Zeit damit zu überlegen wieviele Kalorien wohl der Keks hat, der einem gerade angeboten wird. Man sagt Verabredungen ab bei denen es zuviel zu essen gibt, obwohl man gerne hingehen würde. Man wird ein Stück verrückt.

Aber ist die Welt nicht eh schon verrückt? Gestern abend, Essen beim Mexikaner. Zwei durchaus schlanke Mädchen unterhalten sich über ihr Gewicht. Über ihre ach so fetten Bäuche die keine sind. Mir haben sie leid getan - sollen sie doch schauen dass sie glücklich sind mit ihrem Aussehen. Schließlich sind die beiden subjektiv gesehen dünn. Objektiv gesehen weiß man dass man auch nicht gerade dick ist. BMI 18,86 heißt dass man schlank ist. Aber wo kommen dann diese fetten Oberschenkel her? Wieso passt man nicht in diese Jeans Größe 34? Man muss wohl anders sein als die anderen! Man wurde bestraft mit einem dicken Arsch, fetten Oberschenkeln. Diese Strafe muss man bekämpfen. 400kcal am Tag, vielleicht 800 oder 1000. Mehr darf man nicht. Wieviele Kalorien nehmen eigentlich andere schlanke Menschen zu sich? Warum kann man selbst nicht einfach auch viel essen und schlank sein?

Manchmal frage ich mich schon was man getan hat um mit einer Essstörung bestraft zu werden....